Mittwoch, 10. Mai 2017

Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen von Heinz G. Konsalik

Buchvogel rezensiert 

Heinz G. Konsalik: Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen

Gloria wird als Göttin der Sonne verehrt, weil sie blonde Haare hat. Ihr Verehrer muss sie retten.

Cover: Schwarzhaarige Frau vor Blättern, alles ist grün
Im grünen Dschungel


Roman, 205 Seiten
Heyne Verlag, Erstausgabe 1973,
11. Auflage 1978
Genre: Erzählung, Belletristik, Liebesschnulze
ISBN:  3453004078
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Woher: Bücherschrank Bulach

Erster Satz

Leise schnurrend zog das zweimotorige Flugzeug der >Brasil-Correio-aéreo< über den undurchdringlichen Urwald.

Zusammenfassung

Konsalik - in Deutschland ja schon fast ein Synonym für "Roman". Zu seinen Lebensmottos gehörte der Ausspruch: „Nichts ist so hart, dass man es nicht ertragen könnte". Das findet sich auch in diesem Roman wieder.

Die 17-jährige Gloria Pfeil ist auf dem Heimweg vom Internat zu ihrem Vater, der als Arzt im brasilianischen Dschungel arbeitet. Mit an Bord ist u.a. der, ebenfalls deutsche, Ingenieur Hellmut Peters, der sich in Gloria verliebt hat.Das Flugzeug stürzt ab und die Überlebenden müssen im Dschungel klarkommen.

Als sich Hellmut und Gloria zurück in die Zivilisation schlagen wollen, wird Gloria von einem Eingeborenenstamm entführt. Sie haben zuvor noch nie einen weißen Menschen gesehen und da Gloria zudem noch sehr hübsch und sehr blond ist, wird sie vom Stamm gleich als Sonnengöttin verehrt. Hellmut möchte zu ihrer Rettung eilen.

Worum geht es wirklich: Es ist eine Liebesgeschichte, in der die Frau gerettet wird.
Der moralische Unterbau: der Mensch kann unbeabsichtigt Krieg und Verderben auslösen.


Persönlicher Eindruck

Als ich diesen Roman aus dem Bücherschrank mitnahm, dachte ich mir zwei Sachen: "Konsalik hat so viele Bücher verkauft in Deutschland, mit ihm kannst du nichts falschmachen" und "du hast noch nie ein Buch von ihm gelesen, jetzt wird es aber mal Zeit". Zudem klangen Titel und Beschreibung gut. Ich glaube nicht, dass ich in nächster Zeit nochmal ein Buch von Konsalik lesen würde, das mal vorab.

Handlung

Die Handlung besteht aus zwei Teilen. Im ersten, kürzeren Teil geht es um den Flugzeugabsturz, das Erkennen der aussichtslosen Situation, schwierige Entscheidungen der Überlebenden. Dieser Teil hat mir sehr gut gefallen. Konsalik bringt die Tücken des Urwalds gut rüber, der Schlamm, den Hunger, die Verzweiflung. Gloria erweist sich als unerschrocken und pragmatisch und Helllmut wächst an den Schwierigkeiten.

Der zweite Teil ist die Haupthandlung, die deutlich hinter dem ersten Teil zurücksteht. Gloria wird von einem Urwaldvolk (oder "Steinzeitmenschen", wie Konsalik schreibt) entführt, und Hellmut muss sie irgendwie retten.

Gloria muss sich in ihrer Rolle als Göttin behaupten, wenn sie nicht als Schrumpfkopf enden will. Sie löst durch ihre blosse Anwesenheit Machtspiele zwischen Medizinmann, Häuptling und Häuptlingsanwärter aus. Es gibt einige Rituale und Handlungen des Volkes, dass aber nicht erklärt wird. Wir sehen gemeinsam mit Gloria staunend und nicht-verstehend zu. Immer wieder wird das Volk als primitiv dargestellt. "Xéré verstand sie natürlich nicht, aber er begriff, was sie wollte, so wie ein Hund begreift, wenn sein Herr zu ihm redet."
Noch schlimmer: Das Urwaldvolk scheint nur als exotische Kulisse zu dienen, vor denen Gloria und Hellmut "Prinzessin und Ritter auf weißem Schimmel" spielen.

Auch im Erzählstrang um Hellmut ist es nicht besser: Er trifft auf einen portugiesischen Abenteurer, der im Dschungel wohnt und in der Folge mit ihm auf den Nachbarstamm des Volkes, das Gloria gefangen hält. Auch diesen Stamm lernen wir nicht richtig kennen.

Da ich mich mit Urwaldvölkern überhaupt nicht auskenne, weiß ich nicht, inwieweit die beschriebenen Rituale authentisch sind. Schade fand ich, dass die Frauen des Stamms sehr blass bleiben. Entweder lugen sie mit ihren Kindern von ihren Baumhäusern herunter oder sie beteiligen sich an Orgien (was so aussieht, dass sie nackig auf dem Boden liegen und warten, bis ihre Männer sich in erektile Extase getanzt haben).

Die Handlung ist langweilig und zäh. Ständig wird die Exotik und Primitivität der Eingeborenen thematisiert, ohne dass man ihnen tatsächlich nahe kommt.


Während das Buch voranschreitet, überlegt man sich ständig, wie Gloria wohl gerettet werden kann. Die tatsächliche Lösung ist dann enttäuschend blutig, allerdings war auch kaum eine andere Lösung möglich, so wie der Autor das Szenario angelegt hat.


Logik


Gloria wird entführt, als sie und Hellmut sich einen Tag von der Absturzstelle entfernt haben. Konsalik beschreibt, dass man im Dschungel nur mühsam vorwärtskommt. Deshalb ist es verwunderlich, dass die Eingeborenen nichts von dem Flugzeugabsturz mitbekommen haben. Ebenso verwunderlich, wieviel Menschen man dann doch auf relativ kleinem Raum trifft: Einen portugiesischen Auswanderer und gleich 2 Urwaldstämme in einem Radius 1-2 Tagesreisen um die Absturzstelle herum; das ist in Kilometer übersetzt eigentlich nichts.

Charaktere

Die Protagonisten erscheinen weder sympathisch noch unsympathisch, aber menschlich.

Sprache

Die Sprache mochte ich. Es ist sprachlich gut erzählt, mit Spannung und Witz und guten Dialogen (mit dem etwas rauen Charme der 70er).


Lesen oder nicht?

Ich selber bin mit dem Roman nicht so richtig warmgeworden und kann es nur an Leute empfehlen, die extreme Langeweile vertreiben möchten. Oder Fans von Liebesgeschichten vor exotischer Kulisse sind, ohne sich allzuviel für diese interessieren.


3 Zitate


Pedro Dalques war nie ein übermäßig mutiger Mensch gewesen, und auch als Pilot war er nur gute Mittelklasse, aber in diesen Minuten wuchs er über sich hinaus und wurde aus tiefster Verzweiflung ein Held. [S. 10]

"Jetzt Ihren Arm, Hellmut", sagte sie bestimmt.
"Was wollen Sie daran machen?"
"Ihn wieder einrenken." [...]
"Haben Sie das schon einmal gemacht?"
"Nein, aber bei meinem Vater zugesehen."
"Ich habe auch schon zugesehen, wie ein Panther sich auf ein Warzenschwein stürzte ... trotzdem falle ich nicht über Sie her."
"Danke für das Warzenschwein! Hellmut, seien Sie kein Feigling! Es ist wirklich nur ein Ruck! Wir werden Ihren linken Arm noch brauchen. Von selbst kugelt er sich nicht wieder ein. Beißen Sie die Zähne zusammen." [S. 19]

Gloria blickte sich um. Die Krieger der Ximbús saßen im weiten Kreis herum, der alte Häuptling hatte seinen großen Federschmuck über den Kopf gestülpt, der Medizinmann, seit Glorias Erscheinen der mächtigste Mann des Ximbúwelt, stand abseits und musterte die Szene mit klugen, wissenden Augen.  [Zufallszitat, S. 132]




Ich freue mich über eure Kommentare! Kennt sich jemand mit brasilianischen Urwaldvölkern aus.

2 Kommentare:

  1. Das Buche habe ich mal angefangen zu lesen, aber sehr schnell wieder weg gelegt. Mein Fall war das Buch nicht. Aber trotzdem toller Beitrag :)
    ShellyAbdallahs.Blogspot

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    1. Hallo Shelly,
      da warst du konsequenter wie ich ;)
      Gruß, Daniela

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