Montag, 18. September 2017

[Anthologie #Insekten] (11) Mieses Karma von David Safier

das Cover zeigt eine komisch guckende Ameise
Als Ameise hat man ein kurzes Leben

Roman, 285 Seiten
Rowohlt, Mai 2008
Genre: Humor, Gegenwartsliteratur
ISBN:  978-3499244551

hier das Buch bei Amazon


Woher: Gelesen im Rahmen des 12-Akters #Insekten




Erster Satz

Der Tag, an dem ich starb, hat nicht wirklich Spaß gemacht. Und das lag nicht nur an meinem Tod.


Zusammenfassung

Kim ist Fernsehmoderatorin und hat endlich den lang ersehnten Fernsehpreis gewonnen. Zu blöd, dass genau in diesem Moment ein Teil einer russischen Trägerrakete auf sie stürzt und sie stirbt. Doch das Licht, in das sie eigentlich eintreten wollte, stößt sie ab - und Kim findet sich als Ameise wieder. Eine dicke Ameise - Buddha - erscheint ihr und erklärt ihr die Sache mit der Wiedergeburt. Durch das Sammeln von Karma kann sie schließlich ins Nirwana eintreten.

Da Kim ihre Tochter sehr vermisst, möchte sie eher als Säugetier, ein Hund etwa, leben und damit näher bei ihrer Tochter sein, als sie es als Ameise kann. Und so versucht die egozentrische und oberflächliche Moderatorin, gutes Karma zu sammeln. Als sie eine andere Ameise trifft, die ein wiedergeborener Mensch ist, nämlich der gute alte Casanove, kommt die Sache erst so richtig in Schwung.

Und während ihrer Inkarnationen lernt Kim so einiges über das Leben.




Persönlicher Eindruck



David Safiers Roman ist von der humorvollen Sorte, bringt den Leser aber zum Nachdenken. Wie ist es, eine Ameise oder eine Kuh zu sein? Und die Wespe, die gerade in den O-Saft kriecht, ist das vielleicht die wiedergeborene Tante? Das Schnitzel womöglich der wiedergeborene Nachbar?

Natürlich ergibt sich aus dem Szenario der möglichen Wiedergeburt viele Fragen, die aber innerhalb des Romans locker und in sich logisch abgehandelt werden.

Die Wandlung von Moderatorin Kim hin zu einem besseren Menschen, die so fast unmerklich geschieht, hat mir gut gefallen. Kim ist zwar am Anfang nicht gerade sympathisch rübergekommen, das hat sich dann aber geändert.

Der Roman ist in der Ich-Form aus Sicht von Kim geschrieben. Ungewöhnlich, weil sie ja in dem Roman zigfach stirbt (Mensch, Ameise, Meerschweinchen, ...) und auch jedesmal Tod und Wiedergeburt beschreibt. Aber es paßt gut. Die Sprache ist locker, der Stil humorvoll. Es gibt Fußnoten, die von Casanova stammen, zeitweiliger Weggefährte Kims.

Ein großer Antrieb für Kim ist es, ihren Mann und ihre kleine Tochter Lilly wiederzusehen. Diese Liebe gibt ihr, ganz kitschfrei, die Kraft, sich das Karma zu verdienen. Doch Daniel Kohn und seine ungeheuer sexy Ausstrahlung sind auch ziemlich verlockend. Wer da gewinnt? Lest selber :)




Lesen oder nicht?


Ein locker, lustiger Roman, den man einfach nur genießen kann; man sollte die Sache mit der Wiedergeburt allerdings nicht bierernst nehmen und wissenschaftliche akurate Beschreibungen von Tier-Leben sollten einem auch egal sein ;).


3 Zitate


[Alex] sah mit seinen dreiunddreißig Jahren immer noch verdammt gut aus - wie eine jüngere Version von Brad Pitt, nur dankenswerterweise ohne dessen langweiligen Schlafzimmerblick. Ich wäre wohl von seinem Aussehen hin und weg gewesen, wenn noch alles okay zwischen uns gewesen wäre. Doch leider war unsere Beziehung zu diesem Zeitpunkt so stabil wie die Sowjetunicion 1989. [S. 9]

Mein linkes Vorderbein kratze sich fragend am Fühler. Damit brachte es sämtliche Sinne durcheinander. Anscheinend schmeckte, tastete und roch ich mit den Dingern: Mein Bein schmeckte salzig, es fühlte sich hart an, und es roch nach "muss dringend mal unter die Dusche."
Die Reizüberflutung war mir eindeutig zu heftig. [S. 37]

Ich malte mir aus, wie ich den russischen Wissenschaftlern, die für meinen Tod verantwortlich waren, Ameisensäure ins Gesicht spritze. Meinen Gott, einen Tag war ich erst tot und dachte schon ein bisschen wie eine Ameise. [Zufallszitat, S. 59]




Querverweise

Kim wird in ihrer ersten Inkarnation als Ameise wiedergeboren. Kim denkt noch als Mensch, muss aber mit ihrem Ameisenkörper zurechtkommen. Und sie muss sich in der Ameisengesellschaft einfinden. Hier vermenschlicht der Autor sehr - die Königin hat z.B. Liebhaber, die sie in ihr Gemahl einlädt, wird neidisch und wütend, etc.

Auch wenn die Ameisen etwas zu sehr vermenschlicht werden, regt der Autor doch zum Nachdenken darüber an, wie Ameisen ihre Umwelt wahrnehmen. Oder etwas präziser gesagt - wie Menschen sich als Ameisen fühlen würden.

Demgegenüber wird in Auf den Spuren der Ameisen sachlich über Ameisen berichtet und auch in Werbers Ameisen-Trilogie wird die Gesellschaftsstruktur und das Empfinden als Ameise mehr an wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgerichtet. In Natürliches Gleichgewicht hingegen sind die insektoiden Nasat intelligent und technologisch hochentwickelt, dementsprechend auch selbst-bewusst.


Fußnote: Andreas von Crazy Ants über die Wiedergeburt als Ameise

Andreas Weggel betreibt den erfolgreichen Blog Crazy Ants, in dem es um Ameisen, Ameisenhaltung und die Ameisenhaltungscommunity geht. Antworten von ihm findet ihr bei der Ameisen-Trilogie, Auf den Spuren der Ameisen und Mieses Karma.

Andreas, in "Mieses Karma" wird Kim Lange als Ameise wiedergeboren und ist entsetzt! Was wäre dein erster Gedanke, wenn du als Ameise wiedergeboren würdest? Welche Art wärst du dann gern, und welche Funktion (Arbeiterin, Königin, Drohne) würdest du gern haben?



Die Frage ist, ob ich mir überhaupt noch groß Gedanken über solche Fragen machen könnte. Als Ameise würde ich nicht mehr über genügend geistige Kapazität verfügen, um mich Fragen zu können, warum ich eine Ameise bin, oder was nun der Sinn meiner Existenz ist.
Ich wäre vermutlich eher eine Arbeiterin. Die Königin sitzt den ganzen Tag in ihrer Kammer und legt Eier. Die Männchen sind nach einmal Spaß (Sex) Tod. Als Arbeiterin sieht man wenigstens die kleine Welt außerhalb der Kolonie. Auch wenn das Risiko frühzeitig zu sterben natürlich bedeutend größer ist.
 




Ich freue mich über eure Kommentare. Als was würdet ihr gerne wiedergeboren werden?

8 Kommentare:

  1. Liebe Daniela,

    das Buch habe ich auch mal vor Jahren gelesen. Ich fand es auch super, allerdings fand ich das Ende ein wenig "dahin" geklatscht. Aber es war wirklich ein witziges Buch mit interessanten Blickwinkel.´

    Liebe Grüße, Mo

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    1. Hallo Mo,

      das stimmt, das Ende war etwas zu "Happy End" und unglaubwürdig, aber etwas anderes hätte auch nicht zu diesem Buch gepaßt und die ganze Wiedergeburtsgeschichte ist sowieso eher humorvoll. :)

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  2. Hallo

    Ich fand das Buch hatte was witziges. Ich hatte das Buch auch vor Jahren gelesen. Ich würde auch gerne als Tier wiederbelebt werden, aber nicht als Ameise.

    Schönen Montag noch.

    Foxy

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    1. Hallo Foxy,
      ich würde gern als Vogel wiedergeboren werden, aber auch nicht als Ameise. Welches Tier wäre es bei dir?

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  3. Liebe Daniela,

    das Buch mochte ich damals sehr!
    Ich habe seit heute eine neue url: https://hundertmorgen-wald.blogspot.de/
    Post dazu kommt noch, aber ich muss es schon mal ein bisschen verbreiten. ^^

    Liebe Grüße
    Lilly

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    1. Hallo Lilly,
      ein schöner neuer Blogname, hab dich auch schon besucht!

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  4. Hallo Daniela,
    es ist schon sehr lange her, dass ich das Buch gelesen habe. Aber ich erinnere mich noch daran, dass ich viel Spaß mit der Geschichte hatte. Eine sehr schöne Rezension :o) Ich freue mich, dass du das Buch hier in Erinnerung bringst :o)

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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