Montag, 6. März 2017

Viel Steine gab's und wenig Brot von Thea Haupt

Buchvogel rezensiert:

Thea Haupt: Viel Steine gab's und wenig Brot

Mittelalter in Deutschland: Es herrschen Leibeigenschaft und Armut. Wir begleiten den Hörigen Haimo, seine Familie und den Steigener Grafen bei ihrem täglichen Überlebenskampf und auf dem Kreuzzug nach Jerusalem.

das Cover des Romans zeigt vier gezeichnete mittelalterliche Personen und im Hintergrund eine Burg
Spannende Mittelaltergeschichte

Roman, 271 Seiten

Woher
Bücherschrank Karlsruhe - Gutenbergplatz,
bei diesem Buch hat mich der Titel enorm angesprochen



Zusammenfassung

Obwohl frei geboren, findet sich Haimo nach seiner Liebesheirat mit der schönen Tayi in Leibeigenschaft wieder, da er nicht beweisen kann, dass sie auch frei geboren ist - und bei einer Ehe zwischen verschiedenen Ständen gilt immer die jeweils schlechtere Position für beide. Zusammen mit ihrem verwitweten Sohn Christian und dessen Kindern Hatto, Wolfger, Radulf, Guda, Hatwig und Klein-Hyrtelin wohnen sie in einer kleinen Hütte. Haimo und sein Sohn arbeiten als Wolfsfänger für den Grafen. Auch der blonde Wolfger, der Thiemo, dem Sohn des Grafen so unheimlich ähnlich sieht, wird in diesem Beruf ausgebildet. Sein dunkellockiger Bruder Hatto hingegen ist Wildpferde-Einreiter.


Das Leben wird schwierig für die Familie - Mißernten und Hungersnöte machen auch vor ihnen nicht halt. Dazu hegt der Graf einen Groll gegen Haimo, und nach einer Intrige stirbt Christian. Nun wird das Leben noch schwieriger für die Familie.
Als die erste Kunde auftaucht von Kreuzzügen, sind sowohl die Bauern als auch die Grafenfamilie begeistert. Hier in diesem Elend hält es nicht mehr viele, und so machen sich nach und nach fast alle auf, sich den verschiedenen Heeren anzuschließen.


Persönlicher Eindruck

Der Roman wurde schon in den 70er geschrieben, er ist aber zeitlos. Die Sprache ist schnörkellos, die Erlebnisse der Protagonisten werden zwar nachfühlsam, aber ohne Mitleid erzählt. Das alltägliche Leben und der Kampf, die Beziehungen zwischen Gutshaus und Bauern werden gut rübergebracht und hatten eine nachhaltige Wirkung auf mich.

Im zweiten Teil, als es dann zu den Bauernkreuzzügen geht, war ich teilweise von der Vielzahl der Heere und Städte wie erschlagen. Hier wäre eine Übersichtskarte hilfsreich gewesen. Andererseits denke ich, dass es damals dem einfachen Bauern auch so ging, dass er keinen großen Überblick über das große Ganze hatte und einfach seinem Haufen folgte.

Man fiebert mit den Protagonisten mit. Thea Haupt hat für ihre Protagonisten nicht unbedingt ein Happy End beschrieben, sondern jeweils eher ambivalente Schicksale angelegt. So, wie das tatsächliche Leben auch spielt; und dann muss man das Beste daraus machen.

Mir hat das Buch wirklich gut gefallen - und der Titel gefällt mir immer noch total.


3 Zitate

Hatto verbeugte sich tief. "Gottes Segen zum Gruß", sagte er bescheiden, "das Kloster soll meine Schwester Hyrtelin als Geschenk erhalten. Als Zehnten von dieser Frucht Gottes, läßt mein Großvater Haimo sagen." Er ließ hastig das schreiende Bündel von der Schulter gleiten und reichte es dem Riesen hin. Der blickte unfroh auf die Gabe und nahm ihm das Kind auch nicht ab, darum redete Hatto verlegen weiter: "Ich soll um Schlafkraut bitten gegen meines Vaters Schmerzen, der leidet am Antoniusfieber. Und Franzosen gaben mir ein totes Mädchen mit, das soll hier mit Segen begraben werden. Sie sagten auch: Nur eine Halbtagsweite von hier ziehen Räuber und Mörder heran." [...]
Der Pförtner nahm Hyrtelin mit spitzen Fingern und gekrauster Nase aus der Trage. Hatto tat plötzlich der Abschied von der Kleinen so weh, daß er hinterher rannte und rief: "Oh, laß michs doch noch einmal ansehen. Bitte!" [S. 63]

Hatto half, er sagte griechisch zu einem Händler: "Mein Kamerad möchte diese Schuhe kaufen - was kosten sie?"
Der Händler, der den Wert seiner paar Dutzend Stiefel gegenüber Tausenden, die auf durchgelaufenen Sohlen oder barfuß latschten, entsprechend hoch trieb, antwortete: "Acht" und meinte damit acht goldene Byzantinermünzen.
Der Franzose zählte umständlich acht Schillinge hin, einen beträchtlichen Betrag für einen Bauern, und griff sich die Stiefel.
Der Händler zeterte: "Haltet ihn! Räuber, Hilfe, Räuberr!" Die Genossen des Franzosen kippten wütend den Verkaufstisch um und grölten "Unverschämtes Gaunervolk! Die Schuhe sind sein! Er hat sie redlich bezahlt!" [S. 132]

Als Ritter Ezzo aus der Ohnmacht erwachte, hörte er nur das Plätschern des Meeres an die Felsen unter ihm, es schluckte alle anderen Geräusche. Der Pfeil steckte in seinem Unterschenkel. Erst versuchte er vergeblich, sich unter dem Dornengestrüpp aufzurichten, dann zog er sich mühselig an harten Grasbüscheln heraus. Die Furcht vor dem Schmerz vor jeder Bewegung mußte er durch einen beherzten Entschluß immer wieder unterdrücken. Zwischen den Büschen lagen am Hang verstreut hinter Monds aufgetriebenem Leib getötete Männer. [Zufallszitat, S. 182]



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2 Kommentare:

  1. Hallo liebe Daniela,

    du hast Recht, der Titel ist wirklich gut und vor allem etwas einfallsreicher als so mancher Titel für einen Historischen Roman. Schön, wenn man solch "Schätzchen" in einem öffentlichen Bücherschrank findet. Ich hab da irgendwie immer weniger Glück. ;)

    Ganz liebe Grüße
    Karin

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    Antworten
    1. Hi Karin,
      mittlerweile hab ich herausgefunden, dass der Titel ein Zitat aus einem Gedicht ist. Trotzdem gut und griffig!
      Ja, bei den Bücherschränken, manchmal kommt's einem so vor, als würde manche Leute es nutzen, um ihr zuhause zu entrümpeln, und dann findet man aber wieder Kleinode.
      Mein erstes Buch dieses Blogs war auch aus einem Bücherschrank.
      Grüße
      Daniela

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