Montag, 29. Mai 2017

Nacktgebiete 2.0: Selig sind die Nackten von Andreas Geist

Cover - zwei nackte Schwarzwälder von hinten
Nackedeis im Schwarzwald

Roman, 336 Seiten
dp DIGITAL PUBLISHERS, März 2017
Genre: Humor, Erotik
ASIN:  B06XS19749
hier das Buch bei Amazon
Fortsetzung von Nacktgebiete: Camping Urlaub mal erotisch
eigenständig lesbar



Woher: Exemplar gewonnen für eine Leserunde auf Lovelybooks


Erster Satz

Als wir nach drei herrlichen Wochen mit unserem Wohnwagen in die Einfahrt vor unserem Haus rollten, hatte ich ein flaues Gefühl im Magen.


Zusammenfassung


In diesem zweiten Nacktgebiete-Band kommen Jo, Martina und ihre Tochter Fritzi zurück vom ersten FKK-Camping-Urlaub in Angabe der anscheinend ihr Leben verändert hat. Das naturistische Gefühl retten sie in den Alltag und in ihr Liebesleben.
Martinas neu entdeckter Vater Luc, der Betreiber des Campingplatzes in Angabe, reist an und übernimmt den in die Jahre gekommenen Campingplatz des Ortes. Ob der Gemeinderat so richtig verstanden hat, dass da Naturisten campen sollen?
Bei der (natürlich naturistischen) Hochzeit von Luc und Martinas Mutter kommt die alte Angabe-Clique wieder zusammen, ebenso zu Weihnachten und zum Testlauf vor der offiziellen Eröffnung.



Persönlicher Eindruck


Der Roman lebt von den folgenden Säulen: Erlebnisse unter Nackten, Erotik und philosophische Gedanken plus katholische Religionsausübung. Klingt komisch, aber kommt in diesem Roman ganz natürlich zusammen.

Die Erlebnisse unter Nackten waren zwar nicht spektakulär, aber ganz unterhaltsam erzählt. Für witzige Einlagen sorgte oft der "Druide" Luc. Die Szene mit den demonstrierenden Nazis wurde eindrucksvoll naturalistisch aufgelöst.

Die Erotik an sich fand ich nicht so prickelnd. Die Liebesszenen wurden eher humorvoll und in Metaphern erzählt, z.B. verglichen mit einem Flugzeugflug oder die beiden taten so, als würde er sie bei einem Briefmarkenraub stellen und dann durchsucht er sie mit seiner Taschenlampe ganz gründlich... Ich bezweifle nicht, dass Sex auf diesem Niveau gut funktioniert, aber beim Lesen dieses "Sex in Metaphern" kam bei mir einfach überhaupt kein erotisches Prickeln auf (falls das überhaupt intentiert gewesen ist vom Autor). Es war mir auch zuviel Rumgevögel. Gerade die ersten 20% passiert eigentlich nichts anderes, als dass das Ehepaar es miteinander treibt.

Und: ich hab noch nie soviel über Schamlippen gelesen. Erst fand ich das befremdlich, bis mir aufging, dass es wahrscheinlich deshalb ist, weil ich vorher noch überhaupt in keinem Roman etwas über Schamlippen gelesen habe! Der Autor ist offenbar ein Mann, der Frauen mag - und ihre Anatomie! Und ein gesundes Verhältnis zu Sex hat. Es ist wirklich super, dass in einem Roman soviel positives über Schamlippen berichtet wird.

Sehr gut gefallen hat mir auch, als der Prota seine Tochter aufgeklärt hat und ihm dabei klarwurde, dass er ihr wünscht, später viele und positive sexuelle Erfahrungen zu machen. Wie schön, so etwas von einem Vater zu lesen, so etwas lebensbejahendes und feministisches!

Die philosophischen Gedanken waren vielfältig und immer in die Handlung eingestreut. Es ging z.B. um Religion, Katholizismus, die Ehe, Hitler oder Evolution. Hier fand ich manche Meinungen des Autors gut, andere wiederum zu naiv oder zu pseudowissenschaftlich; das kommt halt tatsächlich darauf an. Es war wie wenn man mit einem Freund anfängt, über eine Sache zu diskutieren - nur dass man selber eben nicht antworten kann, weil man der Leser ist.

Es ging auch viel um ausgeübten Katholizmus und um den Zusammenhang zwischen katholischer Religion und Nacktheit. Das war interessant zu lesen.

Die Charaktere waren gut beschrieben, hier fand ich Luc und auch den außergewöhnlichen Pfarrer Jean am interessantesten, die anderen hab ich eher neutral wahrgenommen.

Der Sprachstil war leicht zu lesen. Erwähnenswert ist, dass der Autor öfter den Leser direkt anspricht. Und auch, dass er über sein erstes Buch und seine Erfahrungen als Autor selber berichtet, das hat einen ganz eigenen Flair erzeugt. Etwas genervt haben mich die wiederholten Aufforderungen, sich den ersten Band zu kaufen, falls man ihn noch nicht kennt.

Was mich noch genervt hat, war, dass der Autor Zweideutigkeiten in seinen Sätzen immer mit der gleichen Formel "also xxx, nicht yyy" aufgelöst hat. Bsp: Ritter hätten sich Tüchlein an die Lanze gebunden und seien damit auf den Gegner los - also mit der Lanze, nicht mit dem Tüchlein. Beim ersten Mal ist es noch ganz nett, aber in dieser Wiederholung war es dann zuviel.

Und leider muss ich auch sagen, dass es generell einfach nicht mein Humor war. Viele Rezensenten fanden das Buch ja lustig geschrieben. Ich merkte beim Lesen auch, dass es lustig sein soll, aber meinen Humor traf es einfach nicht.




Lesen oder nicht?


Wer sich schon immer für den Naturalismus interessiert hat, eher dezent umschriebene Erotik mag und den Humor des Autors teilt (Leseprobe!), für den ist das Buch ganz nett. Auch für den, der sich einfach nur die Zeit vertreiben möchte. Eine weitere Zielgruppe: Christen, die FKK-Fans sind oder werden wollen und einen neuen Blick auf ihre Religion werfen möchten.
Wer Anspruch, große Spannung oder komplexe Handlungen sucht, der ist hier nicht gut aufgehoben.



3 Zitate



Machen Sie Menschen eine Freude oder langweilen Sie sie, aber lassen Sie sie unverstellt an Ihren Gedanken teilhaben, damit sie Ihren wahren Kern erkennen. Seien Sie nackt, seien Sie authentisch, seien Sie real, um einen letzten Kontrapunkt gegen die komplette gleichschaltende Virtualisierung unseres Daseins zu setzen. [Pos 64, Prolog]

In der Nacktheit vor dem Altar lag eine Ehrlichkeit, die mir in höchstem Maße rein und zutiefst katholisch erschien. [Pos. 1396]

Das Geheimnis des Daseins war, nackt geboren zu werden, nackt zu leben und nackt zu sterben, um herauszufinden, dass nur der Nackte, zu einem Zeitpunkt, den auch er nicht kannte, loslassen konnte, weil er denkbar wenig loslassen musste. Wer nichts hatte, konnte nichts verlieren. So oder so ähnlich hatte es der Philosoph Eckhart Tolle formuliert. [Zufallszitat, Pos. 3494]





Ich freue mich über eure Kommentare. Wenn ihr das Buch auch rezensiert habt, verlinke ich gern auf euren Blog; lasst mir euren Link da.

2 Kommentare:

  1. Dein Beitrag ist wie immer wunderbar. Mich selber hat das Buch jetzt nicht angesprochen :)

    ShellyAbdallahs.Blogspot

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    1. Dankeschön, Shelly. Ja, das verstehe ich :D; das Genre ist speziell :D

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