Elias hat die Diagnose Asperger-Syndrom und zieht aus einem Wohnheim in eine eigene Wohnung in ein Fünfparteienhaus. Am Anfang nur widerwillig geht es ihm vor allem darum, auch in der neuen Wohnung seinen gewohnten Tagesablauf einzuhalten. Dieser besteht aus minutengenau getakteten Gitarrenübungseinheiten, Rauchpausen und dem Hören von Death-Metal-Alben. Dass die anderen Hausbewohner, allen voran der extrovertierte Willi, mit ihm in Kontakt kommen wollen, passt ihm anfänglich gar nicht.
Ich liebe ja Entwicklungsromane, also Romane, die sich mit der inneren Reifung der Protagonisten befassen. Und dieser hier hat mich total von sich eingenommen. Vor allem Elias, aber auch die anderen Bewohner des Hauses im Taubenweg 8, haben mich fasziniert. Von Elias habe ich sogar geträumt, so sehr habe ich mich mit ihm und seinen Gedanken beschäftigt.
Der Protagonist Elias hat viel mit seinem Autor gemeinsam, z.B. die Asperger-Diagnose und seine Spezialinteressen wie Death Metal und Gitarrespielen. Am Anfang des Romans wird auch teilweise detailliert geschildert, mit welchen Gitarrenübungen sich Elias beschäftigt und was ihn an welchem Metalsong begeistert. Auch ohne etwas mit den Spezialbegriffen anfangen zu können, war es faszinierend zu lesen. Das, und die Art, wie der Roman geschrieben ist, bringen einem das "aspergerhafte" in Elias auf eindringliche Weise näher.
Nach und nach kommt Elias mit den anderen Bewohnern ins Gespräch und erweitert so seine Kompetenzen, er geht sogar mit Willi und dessen Freunden aus und genießt es. Bald stehen große Entscheidungen an. Soll er die hübsche Kellnerin um ein Date bitten und soll er bei einer Metalband vorspielen? Willi wirft ihm vor, nur für die Goldene Ananas zu üben, also nur für sein stilles Kämmerlein. Stimt das etwa?
An Elias gefiel mir sehr viel. Metal-Fans hab ich häufig als freundliche und tiefschürfende Menschen erlebt, so ist das auch hier. Elias braucht seine Strukturen, denkt viel nach und hat dazu noch das Handicap mit den sozialen Beziehungen. Wie er sich hier durchkämpft und so viel an sich arbeitet, das fand ich total schön zu lesen. Auch, wieviel Gedanken er sich um alles macht, fand ich sehr sympathisch. Ich würde sehr gerne mal auf Elias Besucherstuhl sitzen und mich mit ihm über Gott und die Welt unterhalten. Natürlich nur, bis es Zeit für Elias wird, sich seine fünf Brote als Abendessen zu machen.
Lesen oder nicht?
Wer auf psychologische Entwicklungsromane und sympathische Protagonisten in einer alltäglichen Umgebung steht, der ist hier komplett richtig am Platz. Große Leseempfehlung! ⭐⭐⭐⭐⭐
Bibliographische Informationen
Die goldene Ananas
ISBN: 978-3-347-12211-6
Tredition Verlag, Dezember 2020
580 Seiten
Rezensionsexemplar des Autors, dem ich hiermit herzlich für die Überlassung der Ausgabe im Gegenzug für meine ehrliche Meinung danke.
Klingt nach einem interessanten Buch, dass einem mal eine etwas andere Welt näher bringt.
AntwortenLöschenIch kann mich erinnern, dass wir zu Schulzeiten auch mal ein Buch gelesen haben, dessen Protagonist Asperger hatte. Das eröffenet einem einfach mal eine etwas andere Sichtweise auf die Dinge.