Freitag, 15. Februar 2019

[Rezension] Das Schicksal würfelt nicht. Es zinkt die Karten. von Holly Lavender


Ásgeirr (sprich: Aus-girr) ist ein Erzengel. Er ist dafür verantwortlich, verstorbene Kinder zu Gott zu führen. Darin ist er gut, nicht eines ist ihm in seinem langen Dienst abhanden gekommen. Doch die Schicksale und die unerfüllten Zukunfte seiner Schützlinge gehen ihm langsam an die Substanz. Doch Gott will er mit sowas wie Burn-Out und einer Auszeit nicht kommen.
Sein neuer Schützling ist Zarah. 17, Hirntumor, Herzstillstand. Zarah ist unbeugsam, unkonventionell, launisch - und glaubt nicht daran, dass sie wirklich tod ist. Sie erbittet sich eine kleine Auszeit, die ihr Ásgeirr erschöpft zugesteht.
Beide landen auf einer seltsamen kleinen Welt mit einem Luftschloss, dass seine ganz eigenen Gesetze hat.

Persönlicher Eindruck


Bei Amazon läuft die Geschichte unter "Philosophie - Metaphysik" sowie "Unterhaltungsliteratur - Biographische Romane". Tatsächlich lässt sich das Genre schlecht fassen. Es ist fantastische Literatur, aber keine reine Fantasy, denn es geht um Engel, um Gott und um unser Schicksal. Auch das mag ausgedacht sein, aber es basiert auf unser christlichen Religion; und diese ist für gewöhnlich nicht Bestandteil von Fantasy. Religiöse Unterhaltungsliteratur, als solche würd ich dieses Genre belabeln.

Mein Fazit des Buchs fällt gemischt aus. Ich mochte den Engel Ásgeirr und die Welt, die Handlung gefiel mir im Großen und Ganzen. Aber den Dialogstil mochte ich gar nicht und ich konnte mit vielen "metaphysischen inneren Dialogen" auch inhaltlich nichts anfangen.



Von vorn: 

Ásgeirr ist ein unkonventioneller Protagonist. Ein Engel mit Burn-Out, mit einer aufreibenden Berufung. Tote Kinder heimführen, dass das an die Substanz geht, glaubt man ihm. Er hat einige Rückblenden an Schicksale, er erinnert sich an jedes von ihnen und ist voller Mitgefühl, da sie ihr Leben nicht gelebt haben. Einerseits. Andererseits ist alles gut, wenn sie dann bei Gott sind.
Nicht jedes Kind ist ein kleines Lämmchen, doch der Kern ist bei allen verletzlich und fragil. Um ihn zu vergiften, reicht bei nicht wenigen ein unbedachtes Wort. [Pos. 1127]
Die Geschichte wird in Ich-Form von Ásgeirr erzählt. Mir hat nicht so gut gefallen, dass er ständig über alles nachdenkt und dabei die eigentliche Handlung verwässert wird. Zudem ich seine Gedanken eher ungeordnet fand; vieles wird nicht zu Ende geführt und dreht sich um Fairness, Schicksal, Konsequenzen etc. Ásgeirr hält viel von sich, ist aber auch zornig, ungeduldig, miespetrig, ironisch und ein bisschen selbstmitleidig usw. Doch ich mochte ihn als Protagonist. Folgendes fand ich z.B. total humorvoll formuliert von ihm:
Wirfst du einer Rose vor, nicht mehr als blühen zu können? Soll sie Tango tanzen, Lottozahlen voraussagen? Sie ist, was sie ist...

Zarah, das Mädchen mit dem Hirntumor, bringt ihn mit ihrer unkonventionellen und sprunghaften Art an den Rand seiner Geduld. Dass sie ihn am Anfang im Wolkenschloß nicht hören und sehen kann ist dabei auch nicht hilfreich. Ásgeirr kann nicht aufhören, über sie nachzudenken, kommt dabei aber auch nicht zu einem Punkt.

Zarah selbst ist als Prota ganz okay, sie hat tiefgründige Aspekte, allerdings nervte mich wirklich ihre Sprechweise. Zu umgangssprachlich, zu viele "Boah, Alter, ey, krass, abgefahren". Doch sie hat eine gute Intuition und kostet das Leben aus.
Maximale Trivialität kaschiert minimalistische Tiefgründigkeit. [S. 184]

Die Exkursionen auf der fremden Welt gefielen mir und auch das Schloss mit seinen sich ständig verändernden Inventur fand ich gut. Mit vielen der metaphysischen Aspekte konnte ich aber nichts anfangen, es waren ganz Passagen dabei, die ich überblättert hab, weil mir gar nicht klar war, worum es geht und weil ich es sehr aufgeblasen fand. Zu viele Andeutungen gab es hier, zu viel Geschwafel und zu wenig greifbares. Vielleicht ist das der religiöse Aspekt, der mich hier nicht überzeugen konnte.
Ich will dich bei mir, in den Momenten, wo ich falle und nicht glauben kann und trotzdem wage, ... ihm zu glauben.

Wie schon gesagt, konnten mich die Dialoge, und dazu zählt auch Ásgeirrs innerer Monolog, nicht überzeugen vom Stil her. Außerdem mag ich einfach nicht, wenn Autoren schreiben "Erinnerst du die Bibliothek?", einfach ganz ganz furchtbar. Es greift um sich, das weiß ich schon, und wahrscheinlich erlaubt es der Duden mittlerweile, resignierend, aber "Erinnerst du dich an die Bibliothek?" klingt einfach besser und richtiger.

Wie auch immer:

Alles in allem geht es um das Leben, um den Tod und darum, dass alles Konsequenzen hat. Wobei Gott sowieso alles weiß und alles steuert. Mit Intuition und Gottvertrauen einem Weg folgen, das lernen die Protagonisten.


Lesen oder nicht?


Unkonventionelle Protagonisten in einer religiös motivierten Geschichte, in der es um das Leben, den Tod und die Fairness geht. Einige Aspekte fand ich gut, aber zu vieles konnte mich nicht überzeugen. Vielleicht gefällt die Geschichte besser, wenn man religiös ist: ⭐⭐⭐


Andere Meinungen

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    Bibliographische Daten


    Titel: Das Schicksal würfelt nicht. Es zinkt die Karten.
    Untertitel: Ásgeirr Protokoll, Band 1
    Reiheninfo: Band 1 von 2 
    Autor: Holly Lavender
    Genre: religiöse Literatur, Fantastische Unterhaltung

    Taschenbuch, 369 Seiten
    Verlag: Indepentently published
    Erscheinungsjahr/Ausgabe: August 2017
    ISBN-13: 978-1549541414
    Affiliate Link Amazon




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