Dienstag, 6. November 2018

[Rezension] Er ist wieder da von Timur Vermes

Das Buch in einer Pappkiste
Er ist wieder da - in Bulach


So fängt es an

Das Volk hat mich wohl am meisten überrascht.


Woher

Vor einem Haus in Karlsruhe-Bulach gefunden, der Besitzer hatte dort in einer Kiste mehrere Bücher zur Mitnahme ausgelegt

Zusammenfassung


2011: Hitler lebt! Er findet sich auf einer Brache in Berlin wieder, und schafft einen kometenhaften Aufstieg ins Fernsehen, bei der er eine eigene Comedysendung moderiert. Was Deutschland nciht klar ist: Hitler meint es ernst.



Persönlicher Eindruck


Was, wenn Hitler heute leben würde? Wenn er sich in unserer Zeit auf einem Brachfeld in Berlin wiederfinden würde? Wie würde Hitler auf unsere Zeit reagieren - und wie die Menschen unserer Zeit auf ihn?

Aus dieser irrsinnigen Fragestellung zeichnet der Autor ein Psychogram der deutschen Seele. Es ist irrsinnig komisch und gleichzeitig erschreckend. Wie "der Führer" die heutige Zeit interpretiert, die heutige Technik und Gesellschaft hat mich oft lachen oder schmunzeln lassen. Die Gedankengänge Hitlers sind andererseits auch so, dass einem das Lachen im Hals steckenbleiben will.

Der Autor führt uns als Gesellschaft richtig vor. Dabei konzentriert er sich auf die modernen Medien, auf Comedyshows usw. Es ist interessant, dass sich Hitler bei seiner zweiten Karriere dazu entschließt, den Weg über die Medien zu gehen und nicht eine Partei gründet oder in eine eintritt. Hitler als One-Mann-Wonder, der die Massen um sich scharrt!


Der Stil ist großartig geschrieben, sehr pointiert, gute Ausdrucksform. Da Hitler der Ich-Erzähler ist, ist der Gegensatz zwischen der literarischen Ausdrucksform und seiner menschenverachtenden Philosophie krachend. Der Ich-Erzähler wird einem peu á peu sympathisch, weil die Ausdrucksform so treffend, und auch lustig ist, und dann wird man je wieder auf den Boden der Tatsachen geholt, wenn er ganz selbstverständlich von der Ausrottung der Juden spricht. Eine gute Übung darin, nicht Ausdruck und Inhalt zu verwechseln!

Da hat man eine große Autobahn, die volkswirtschaftliche Güter im Milliardenumfang transportiert, und da findet man immer am Wegesrand ein niedliches Kaninchen, das ängstlich zittert. Da baut man einen Kanal, der Hunderttausende von Arbeitsplätzen sichert, und da findet man natürlich den einen oder anderen Kleinbauern, der weichen muss und dann bittere Tränen vergießt. Aber deshalb kann ich doch die Zukunft des Volkes nicht ignorieren. Und wenn man die Notwendigkeit erkannt hat, Millionen Juden, und so viele sind es nun einmal damals gewesen, Millionen Juden auszurotten, da findet man natürlich immer wieder mal einen, bei dem sich der mitfühlende einfache Deutsche denkt, ach, nun ja, so sehr schlimm war jetzt dieser Jude nicht, den oder auch jenen Juden dort hätte man schon noch einige Jahre ertragen können. Da ist es für so ein Blatt ein Leichtes, an die rührselige Seite der Menschen zu appellieren. Es ist dies ein altes Lied: Jeder ist überzeugt von der Bekämpfung der Ratten, aber wenn es zur Sache geht, ist das Mitleid mit der einzelnen Ratte groß. Wohlgemerkt: lediglich das Mitleid, nicht der Wunsch, die Ratte zu behalten. ["Hitler" über die Vernichtung der Juden, S. 228-229]

Entlarvend ist eine Stelle im Buch, an der das Fräulein Krömeyer, Hitlers Sekretärin, die Arbeit niederwerfen will - weil ihre Oma so gar nicht lustig findet, dass sie für Hitler arbeitet. Die Grundidee der Sache ist ja, dass Hitler es zwar ernst meint, aber nicht versteht, dass alle denken, er würde es satirisch meinen. Und die Produktionsfirma meint es satirisch und versteht nicht, dass es Hitler ernst ist. Also hält Hitler eine Rede vor dem Fräulein, dass nicht Hitler allein der Böse war, sondern das ganze Volk. Sie haben ihn demokratisch gewählt, obwohl sie seine Gesinnung kannten.

Die Formulierungen sind lustig, aber wahrscheinlich braucht es dazu eine gewisse Art von derben Humor. Dieser Tabubruch ist es wahrscheinlich, der so komisch wirkt, diese Flappsigkeit, mit der Alltagssituationen mit Feldzügen und Kriegsführung verglichen werden - es funktioniert wohl auch nur, weil es eben die Stimme Hitlers ist, die diese Vergleiche bringt.
Es mag dem einfachen Jägerpiloten selbstverständlich zunächst schwierig erscheinen, mit jedem Schuss aus dem MG drei Bomber vom Himmel zu holen, aber mit einer überlegenen Moral, mit einem unbeugsamen fanatischen Geist ist nichts unmöglich! ["Hitler" über den fanatischen Willen, S. 109-110]

Lesen oder nicht?


Was wäre, wenn Hitler heute noch leben würde? Wie würde er unseren medialen Alltag ausfüllen, wie würde Deutschland auf ihn reagieren? Timur Vermes hat eine lustige, bittersüßsaure Satire vorgelegt. Man lacht und weiß nicht warum, bis einem das Lachen im Halse erstickt. Unglaublich komische Satire ersten Ranges, die ich nur empfehlen kann

Gesamtbewertung:  ⭐⭐⭐⭐⭐ Sehr Gutes Buch





Bibliographie



Titel: Er ist wieder da
Autor: Timur Vermes
Umfang: 400 Seiten
Ausgabe: Taschenbuch
Verlag: Bastei Lübbe
Erscheinungsjahr/Auflage: November 2017
ISBN: 978-3404171781
Genre: biografische Gegenwartsliteratur mit fantastischen Elementen
Affilitate Link: Amazon




Ich freue mich über eure Kommentare.

2 Kommentare:

  1. Liebe Daniela,
    ich freue mich, dass dich die Geschichte überzeugen konnte! Ich hatte so meine Probleme mit dem Buch. Die Idee fand ich schon klasse, aber die Umsetzung war nicht so meins. HIER ist meine Rezi zum Hörbuch.
    GlG, monerl

    AntwortenLöschen
  2. Hallo Daniela,

    es freut mich, dass es Dir gefallen hat. Ich habe es ja abgebrochen und das realtiv schnell.
    Liebe Grüße
    Petrissa

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