Mittwoch, 25. September 2019

[Rezension] 1984 von George Orwell

1984 Hörbuch

1984 ist wohl eine der bekanntesten Dystopien oder Zukunftsvisionen. Oft wird darauf Bezug genommen. Nun habe auch ich diesen Klassiker gelesen, bzw. gehört, und ich sage nur: zu Recht. 1984, der Große Bruder - das sind ja längst Metaphern für bestimmte Verhältnisse geworden.


Worum geht es eigentlich:

Wir schreiben das Jahr 1984, also 40 Jahre in der Zukunft von der Sicht des Autors aus. Wobei das eigentliche Jahr egal ist, es ist mehr eine Zukunftsvision an sich. Außerdem wurden in der Geschichte Jahreszahlen abgeschafft und so fällt es schwer, zu wissen, in welchem Jahr was geschah. Unser Protagonist heißt Winston Smith. Er lebt in London, im Staat Ozeanien. An der Macht ist die Partei mit dem großen Bruder als Staatsführer. Die Gesellschaft ist dreigeteilt: An der Spitze stehen die Mitglieder inneren Partei, dann die der äußeren - zu denen Winston gehört - und schließlich das einfache Volk, die Proles.



Alle Macht liegt in der Partei, sie überwacht und kontrolliert jede Handlung, jede Regung und jeden Gedanken. In Winstons Appartement ist ein Teleschirm beschäftigt, der nicht nur unablässig Propaganda spielt, sondern über den Winston auch beobachtet wird. Tag und Nacht muss er seine Gedanken und Gefühle unter Kontrolle haben, jedes unangemessene Zucken könnte als Verrat an den Prinzipien der Partei verstanden werden.

Eine Welt voller Restriktionen zeichnet Orwell, voller Überwachung und Anpassung, in denen der einzelne nichts zählt, in der Wahrheit Lüge ist, Krieg Frieden und Sklaverei Freiheit. Alles wird völlig auf den Kopf gedreht, bis man einfach glaubt und sagt, was die Partei von einem möchte.

Die Partei kontrolliert die Wahrheit. Wenn sie sagt, dass Ozeanien sich mit Eurasien im Krieg befindet, dann hat Ozeanien sich schon immer mit Eurasien im Krieg befunden. Und wenn in einigen Tagen Ozeanien sich mit Ostasien im Krieg befindet, dann haben sich Ozeanien und Ostasien schon immer im Krieg befunden. Das ist die Realität, die Partei kontrolliert die Vergangenheit.

Auch Winston Smith ist ein Mitglied der äußeren Partei und er arbeitet im Ministerium für Wahrheit. Das heißt, dass er und seine Kollegen "Richtigstellungen" schreiben. Wenn eine Person in Ungnade gefallen ist, eine Parteidoktrin sich ändert oder die aktuellen Wirtschaftsdaten vorliegen, dann werden alte Zeitungsberichte so redigiert, dass die Person nicht mehr vorkommt, die Parteidoktrin schon immer so wahr und die Prognosen mit den aktuellen Daten übereinstimmen.


1984 ist in drei Teile gegliedert, die ich folgendermaßen zusammenfassen würde:

  • Zweifel am System
  • Gegen das System
  • In den Fängen des Systems


Das Wie begreife ich, nur das Warum begreife ich nicht.- denkt sich Winston oft.


Beim Lesen hatte ich immer wieder Dejavus. Besonders interessant war der erste Teil, in dem es hauptsächlich darum geht, wie sich das Leben in so einem allmächtigen Überwachungsstaat anfühlte.

Teilweise fühlte ich mich unangenehm an einige Entwicklungen in China erinnert. Z.B. die automatischen Gesichtserkennungssysteme oder die Tendenz, dass die chinesische Partei unliebsames Verhalten von Bürgern groß auf einem Plakat anprangert, und liebsames Verhalten bestraft. Die Menschen werden auf Linie gebracht.

Das Überwachen erinnerte mich auch an die DDR. Auch hier konnte man nie sicher sein, ob nicht der Kollege, der Freund, im Extremfall die eigenen Kinder, einen an die Stasi verrieten. Eine Welt, in der man niemanden trauen kann.

Es gibt sicherlich noch zahlreiche Beispiele, das ist ja grad das Erschreckende an 1984.


Als Winston verhört wird, geschieht dies unter Folter, mit Gedankenwäsche, Demütigungen und Erniedrigungen. Es war sehr schwer, diese Passagen zu hören. An einer Stelle muss Winston lernen, fünf Finger zu sehen, wirklich daran zu glauben, fünf Finger zu sehen, sobald die Partei es sagt, auch wenn sein Gegenüber nur vier Finger hochhebt.
Diese Stelle erinnerte mich stark an eine Star-Trek-TNG-Folge. Hier fällt Picard den Cardassianern in die Hände. Er wird verhört, gefoltert, gedemütigt. Dann werden vier Lichter eingeblendet und der Verhörer will, dass Picard sagt, es seien nur drei Lichter. Picard widersteht: "Da sind vier Lichter". Doch die Folter zermürbt ihn langsam und schließlich ist sein Gehirn schon fast davon überzeugt, drei Lichter zu sehen. Picard wird gerettet, bevor er gebrochen werden kann und sein letzter Satz ist wieder "Da sind vier Lichter".
Winston jedoch wird gebrochen, seine Menschlichkeit wird ihm bis ins Innerste ausgetrieben und das ist schwer anzuhören.


Lesen oder nicht?


Lesen und lernen. Viel lernen. ⭐⭐⭐⭐⭐


Bibliographische Daten


Titel: 1984
Autor: George Orwell

Ausgabe: Hörbuch
HörbuchHHamburg
Sprecher: Sebastian Rudolph
Ungekürzte Ausgabe, 12 h 24 min



1 Kommentar:

  1. Es gibt eine Anti These zu 1984 das wär der Film Brasil eigentlich eine Satire aber man kann ihn auch Gegenmeinung interpretieren

    AntwortenLöschen

Ich freue mich über eure Kommentare und über den Austausch. Ich kommentiere hier oder auf eurem Blog, wenn ihr einen habt.

Wenn ihr hier kommentiert, seid ihr mit der Datenschutzerklärung einverstanden, beachtet also bitte die Hinweise dort.

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...