Sonntag, 29. Juli 2018

[Rezension] Scythe - Die Hüter des Todes von Neal Shusterman

Mit Sense und Kapuze - die Hüter des Todes
Scythe #1

Scythe - Die Hüter des Todes
Band 1 von 3
Autor: Neal Shusterman
Hörbuch, 9h:6min
argon Verlag
Gelesen von Torsten Michaelis und anderen
Buch erschienen im Fischer-Verlag, September 2017, 522 Seiten
Science-Fiction, Dystopie
ISBN: 978-3737355063
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Woher: Über dieses Buch hab ich so viele Rezensionen gelesen und fand den Plot extrem interessant. Die Entscheidung, es als Hörbuch zu kaufen, war folgende: Ich fahre gute eine halbe Stunde mit dem Auto (oder eine Stunde mit dem Rad) ins Geschäft. Radio langweilt mich momentan nur noch und Musik hab ich grad alles durchgehört, keine neue Musik-CD ist grad im Anflug. Deshalb wollte ich mal probieren, etwas gehaltvolles zu hören, das mir die Fahrt verkürzt und mich nicht langweilt.



Zusammenfassung


Citra und Rowan leben in der perfekten Welt. Die Menschen haben alles Wissen dieser Welt. Sie werden regiert von dem fast allmächtigen Thunderhead, fehlbare Regierungen gibt es nicht mehr. Niemand muss mehr krank sein oder gar sterben, und wenn jemand "über den Berg kommt", lässt er sich im nächsten Revival-Zentrum auf ein jüngeres Alter resetten.
So perfekt es klingt, ist es gleichzeitig ein Problem, dass niemand mehr stirbt. Um das Bevölkerungswachstum einzudämmen, gibt es Scythe, die Hüter des Todes. Sie "lesen nach", so heißt es in dieser Welt. Sie wählen aus, wer sterben muss.

Citra und Rowan sind normale Teenager, als sie von dem ehrwürdigen Scythe Faraday ausgesucht werden, um bei ihm eine Lehre zum Scythe zu beginnen. Doch nur einer von ihnen wird zum Scythe berufen werden.



Persönlicher Eindruck


Total spannend, unglaublich philosophisch, klug, packend ...

 Das Hörbuch hat mich von der ersten Sekunde an in den Bann gezogen. Die Sprecherstimme ist angenehm, liest ruhig und mit guter Betonung, auch eine gewisse Ernsthaftigkeit liegt in der Stimme.

Weltenaufbau, Charaktere, Dialoge und Plotentwicklung faszinieren und ziehen in ihren Bann. Und zwar dergestalt, dass ich über alle Dinge auch intensiv nachgedacht habe. Dem Autor ist hier wirklich ein großer Wurf gelungen.


Wie lebt es sich in einer Welt, in der keiner mehr sterben muss? Die Angst vor der Sterblichkeit war ein großer Antrieb in der Ära der Sterblichen, auch der Wunsch, sich zu verbessern, ein besseres Leben zu führen, war stets ein großer Motivator, so die Menschen im Buch. Doch diese Antriebe und Ängste fallen weg. Was macht das mit einer Gesellschaft? Stagnation, sagt Scythe Curie, die Menschen stagnieren. Es gibt einen Unterschied in der Kunst in der Ära der Sterblichen und der Kunst heutzutage, das zeigt Scythe Faraday seinen Lehrlingen bei einem Rundgang durch die Kunsthalle. Die Scythe sind in dieser Welt das Letzte, was ein Mensch noch fürchten muss.

Wir erfahren immer weitere Einzelheiten über diese Welt und auch über das Scythetum, wie es aufgebaut ist, wie es entstanden ist, nach welchen Regeln es agiert. Die Scythe haben eine große Machtposition und die ersten Scythe waren Visionäre, die 10 Regeln aufgestellt haben, um zu gewährleisten, dass das Scythetum nicht korrumpiert. Kein persönlicher Besitz, ohne Vorurteile und Böswill nachlesen, auch müssen die Scythe zölibatär leben; gerade letzteres finde ich sehr spannend und problematisch, es ist bestimmt nicht für jeden durchzuhalten. Auch die Konflikte innerhalb des Scythetums sind faszinierend und etwas, das mir Stoff zum Nachdenken gab.


Die Gesellschaft ist der Ansicht, dass die Scythe notwendig sind. Die Menschen sind unsterblich, bekommen aber immer noch Kinder - und können das auch im hohen Altern durch die Technik der Verjüngung. So steigt die Bevölkerung - und hier greifen die Scythe korrigierend ein. Ich hab mich gefragt, ob es denn wirklich niemand gibt, der nach einiger Zeit des Lebens überdrüssig wird und freiwillig aus dem Leben scheiden will? Die Gesellschaft, so wie sie jetzt ist, hat tatsächlich ihre ganz eigenen Herausforderungen und Probleme, und das ist in höchstem Maße faszinierend. Der Autor reißt seine Vision nicht nur an, er durchdenkt sie in jedem Winkel, beleuchtet sie, zeigt Details; das empfinde ich als äußerst gelungen!


Citra und Rowan sind als Charaktere glaubwürdig und sympathisch. Sie machen im Verlauf des Buchs starke Veränderungen durch - aber wie sollte es auch anders sein bei so einer Lehre? Die Kunst des Tötens zu lernen und die innere Einstellung dazu auszujustieren, ein Thema, das ich so menschlich noch nirgendwo gelesen habe.

Das Schicksal meint es unterschiedlich gut mit den beiden - wie diese zufälligen Umstände ihr Leben beeinflußen, auch das ist spannend dargelegt. Ich hab mit den beiden mitgefiebert und gelitten. Wie würde wohl ich mich als Scythe machen? Wie ist es, das erste Mal nachzulesen? Wie bewahrt man sich seine Menschlichkeit, verhindert, dass es irgendwann Alltag wird? Denn das darf es nicht, es darf nie alltäglich werden, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen - auch wenn sie es "Nachlese" nennen.

Die Beschreibungen der Nachlesen, der Tötungsmethoden, der Gedanken die dahinterstehen, wenn man einen Menschen nachliest - all das hat einen gleichzeitig morbiden wie auch lebensfreudigen Sog entfesselt. Ich kann es nicht gut erklären...



Der Plot entwickelte sich überhaupt nicht so, wie ich es erwartet hatte. Der Grundstoff ist klar: Citras und Rowans Lehrlingszeit. Manches konnte ich erahnen, auch bedingt durch die manchmal langen Pausen während der ich das Hörbuch nicht hören konnte. So beschäftigte mich u.a. die Frage "was hat Esme für eine Bedeutung" und ich konnte zumindest die Richtung erahnen, in die die Auflösung ging. Anderes hat mich komplett überrascht (ich sag jetzt natürlich nicht was, um nicht zu spoilern).


In Zwischenstücken waren Tagebuchauszüge verschiedener Scythe zu hören. Diese wurden mit einer Art Hall versehen, so dass es auditiv gut unterschieden wurde von der Geschichte. Pro Scythe wurde auch ein anderer Sprecher eingesetzt, ich fand, dass es dadurch sehr authentisch wirkte. Vom Inhalt her ergänzten diese Tagebuchauszüge die Geschichte, sie steuerten nochmal verschiedene Blickwinkel auf die Gesellschaft bei.



Den Sprecher fand ich angenehm zum Zuhören. Tatsächlich hatte seine Stimme eine schon fast hypnotische Wirkung, zog mich vom ersten Augenblick mit seiner Ernsthaftigkeit in die Geschichte. Ich konnte ihm gut folgen, von der Intonation und auch der Geschwindigkeit passte für mich alles.


Und: Ich hätte das Wort "Scythe" als "Sküte" ausgesprochen, tatsächlich spricht man es aber "Seiß". (Ein überraschender Bonus des Hörbuchs, die korrekte Aussprache). Und für all diejenigen, die "Scythe" genau wie ich nicht in ihrem Englisch-Wortschatz hatten: es bedeutet "Sense", auch in der Bedeutung "Sense des Todes" (was im Deutschen auch "Hippe" genannt wird).



Lesen oder nicht?


Wie lebt es sich in einer Welt, die den Tod bezwungen hat und in jeder Hinsicht friedlich und perfekt ist? Wie fühlt es sich an, einer der Scythes zu sein, der Hüter des Todes, die die Menschen nachlesen und so das Bevölkerungswachstum begrenzen.

Eine Geschichte, die durch den Weltenaufbau, die Charaktere und die Handlung punktet; packend und mitreißend - ich dachte über die Geschichte nach, philosphierte mit, stellte mir vor, ich wäre an Stelle der Protagonisten; mehr kann ein Buch wirklich nicht leisten, deshalb auch die Höchstpunktzahl:

Gesamtbewertung: ⭐⭐⭐⭐⭐






Weitere Meinungen

  • Schizothekare mochte besonders die unterschiedlichen Perspektiven, die Tagebucheinträge der verschiedenen Scythes
  • Frau Trallafitti spürte die Sogwirkung der Geschichte, fand die Idee der Nachlese faszinierend und skurill zugleich
  • Brösels Bücherregal fand die Beschreibung der Todesszenarion als befremdlich, neu und makaber, aber nie geschmacklos
  • Weinlachgummi fragte sich, ob ein Mensch über Leben und Tod entscheiden soll
  • Frau Curly bloggt schreibt: "Was mir gut gefallen hat war, dass das Töten nicht im Vordergrund steht, sondern eher die Moral, der Anstand und Notwendigkeit der Scythe, sowie deren Kodex."
  • Uwes Leselounge hätte sich einen höheren Spannungsanteil gewünscht, aber fand, dass diese Geschichte etwas besonderes war 
  • Weltenwanderer fand die Zukunftsvision gleichzeitig bizarr und real und schreibt: Wenn man alles weiß und nichts mehr verbessert werden kann, was können wir mit dem gesammelten Wissen dann noch anfangen? Wenn sie keinen Schmerzen leiden und keine tiefe Verzweiflung spüren können, sind sie dann überhaupt fähig, wahre Freude und Leidenschaften zu empfinden? 
  • Buchbahnhof: Eine sehr lesenswerte Rezension, die das Wichtigste auf den Punkt bringt. Sie mochte u.a. dass wir mit Citra und Rowan zwei Strömungen der Scythe verfolgen können. 
  • Hörnchens Büchernest mochte die irren Wendungen, wurde bestens unterhalten und vergibt 4 Hörnchen.


11 Kommentare:

  1. Huhu,

    mir hat die Geschichte auch wahnsinnig gut gefallen. Und ich kann dir sagen, dass Band 2 genauso gut, wenn nicht sogar noch etwas besser weitergeht.

    Liebe Grüße
    Sandra

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    Antworten
    1. Hi Sandra,
      (ich hab dich jetzt auch verlinkt, eine tolle Rezi hast du geschrieben!)
      Band 2 hab ich schon begonnen, auch wieder als Hörbuch und es gefällt mir auch total.
      Weißt du was über Band 3?

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    2. Hey Daniela,

      vielen Dank fürs verlinken, finde deine Zusammenfassung der Meinungen super. Und der dritte Band ist leider noch nicht im Original erschienen :-(

      Liebe Grüße
      Sandra

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  2. Hallo Daniela

    Ich kann dir nur zustimmen. Ich bin von der Geschichte genauso begeistert.

    Liebe Grüße,Gisela

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  3. Es freut mich sehr, dass dir das Buch auch so gut gefallen hat :)

    Liebe Grüße und danke fürs Verlinken!
    Nicci

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  4. Hallo Daniela,

    man merkt, wie sehr es Dich gepackt hat. Und es freut mich wirklich sehr, dass es Dir ebenso gut gefallen hat. Und nun schnell zu Band 2! :D

    Liebe grüße
    Petrissa

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  5. Huhu!

    Jap, einfach geniale Geschichte, mal wieder! :D
    Ich wünsch dir noch viel Spaß beim Hören von Band 2 und vielen Dank fürs verlinken!

    Liebste Grüße, Aleshanee

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  6. Hallo Daniela,
    herzlichen Dank für die Verlinkung!
    LG
    Yvonne

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  7. Hallo Daniela,

    auch ich habe die Geschichte vor paar Tagen als Hörbuch fertig gehört und bin total begeistert! Dieses Buch liefert viel Gesprächstoff und hätte sich als Leserundenbuch bestens geeignet! Die Ideen, die der Autor hat, fesseln mich auch sehr.
    Als ich hörte, wie man die Todesengel ausspricht, habe ich auch gedacht, "super, das ich das durch das Hörbuch nun auch weiß".

    Gestern habe ich mir Teil 2 runtergeladen und höre auch schon weiter. Schade, dass wir nun auf den letzten Band werden warten müssen.

    GlG, monerl

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  8. Hallo Daniela,

    ein sehr toller Beitrag zu diesem Buch und es freut mich, dass es dir gut gefallen hat. Die Idee, die der Autor hier hat, finde ich klasse und es regt unheimlich zum Nachdenken an.

    Ich bin gespannt, wie dir der 2. Teil gefallen wird, denn diesen fand ich absolut genial und er hat mich regelrecht zerstört ;)

    Liebe Grüße,
    Uwe

    PS: Und danke, fürs Verlinken ^^

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