Mittwoch, 27. Dezember 2017

Die Totenleserin von Ariana Franklin

das Cover ist rot mit einem Raben
Ich mag Raben!

Roman, 477 Seiten
Knaur, April 2008
Genre: Historischer Krimi
ISBN:  978-3426634905
Übersetzung: Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
Originalsprache: Englisch
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Woher: Aus dem offenen Bücherregal von Allgemeinärztin Dr. Dorothea Zeise-Süß. Ich danke ganz herzlich meiner Tante für die Benachrichtigung per WhatsApp und das Mitbringen!



Erster Satz


Da kommen sie.


Zusammenfassung


Cambridge im 12. Jahrhundert. Ein grausiger Kindermord ist geschehen und drei weitere Kinder sind vermißt. Die Bevölkerung beschuldigt die Juden, die Kinder umgebracht zu haben, seit etlichen Monaten sind die Juden deshalb in einer Burg eingeschlossen, um sie vor dem Pöbel zu schützen. Dem König mißfällt die Situation, bekommt er doch so keine Steuern von den eingeschlossenen Juden. Er schreibt nach Salerno und fordert die Hilfe von Simon an, dem Mann, um solche Dinge herauszufinden. Er soll begleitet werden von einem Arzt der Toten, also jemand, der die Todesursache usw. herausfinden kann, indem er sich die Toten anschaut. Was der König nicht bedacht hat ist, dass das fortschrittlichere Salerno auch Frauen ausbildet - und eine solche auch schickt.


Persönlicher Eindruck


Handlung

In Cambridge ist ein grausamer Kindermord geschehen. Angeblich haben die Juden den kleinen Peter gekreuzigt, weshalb die Bevölkerung zwei der Juden gehängt hat, die anderen haben Zuflucht auf einer Burg gefunden. Noch weitere Kinder sind verschwunden, dennoch erscheinen die Juden weiter schuldig. Simon, Adelia und ihr Diener Mansur sind geschickt, um den Fall zu untersuchen und den wahren Mörder zu finden.

Die Totenleserin ist ein recht klassischer Krimi, bei dem der Kreis der Verdächtigten recht früh feststeht. Ich hatte sogar nach einer Weile (einer recht langen Weile) einen Verdacht, der sich zumindest teilweise bestätigt hat. Adelias Fähigkeiten, die Toten zu lesen und Simons Scharfsinn ergänzen sich gut. Es erinnert teilweise an bisschen an die Fidelma-Krimis, die bekannte Reihe um eine weibliche Anwältin, die auch ermittelt, auch ein historischer Krimi.

Wir lesen über Adelias Profession, begleiten sie und Simon beim Ermitteln und lernen auch viel über die Gesellschaft von Cambridge in der damaligen Zeit. Die Autorin ist nicht zimperlich, die Morde sind ziemlich grausam, und sie schreckt auch nicht davor zurück, mit Erwartungen zu brechen. Eine sich anbahnende Liebe behindert den eigentlichen Krimi nicht, sondern gibt ihm nochmal einen neuen Aspekt.


Charaktere 

Adelia ist die Hauptprotagonistin. Ich schrieb, dass das Buch ein wenig an die Fidelma-Krimis erinnert, doch Adelia ist viel weniger abgebrüht. Obgleich sie viele Tote untersucht hat, bemüht sie sich immer bewusst um eine professionelle Distanz. Simon hingegen versucht, sich in den Mörder hineinzuversetzen, und ihm so auf die Spur zu kommen. Doch Adelia möchte das nicht tun.

Simon ist ein sehr gescheiter Mann, der andere gut einschätzen kann. Viele unterschätzen ihn und erzählen ihm deshalb mehr, wie sie eigentlich wollen; Simon nutzt das für sich. Simon ist seiner Frau Rebekka in absoluter Liebe ergeben. Er ist Jude.

Adelia muss im Cambridge des 12. Jhdt sehr damit kämpfen, dass sie eine Frau ist. Das heißt, eigentlich nicht mit ihrer Weiblichkeit sondern mit den Beschränkungen, die die Gesellschaft dieser Zeit einer Frau auferlegt. Sie ist absolut realistisch in der Einschätzung ihrer Fähigkeiten, sie weiß, dass sie eine der besten ihrer Profession ist. Was Kleidung oder das Aussehen angeht, ist sie sehr uneitel und auch nicht wirklich an anderen Dingen außer ihrem Beruf interessiert, daher wirkt sie manchmal etwas naiv in sozialen Dingen. Zudem bringt sie auch überhaupt keine Geduld mit Leuten auf, die sie einschränken wollen, da geht dann ihr Temperament mit ihr durch. Sie wurde von Zieheltern erzogen, einem ungläubigen Juden und einer Christin.

Mansur ist ein eher schweigsamer, aber liebenswerter Charakter. Er ist Adelias Diener und zu ihrem Schutz da. Er ist ein Eunuch, wurde von christlichen Mönchen dazu gemacht, damit er für sie singen konnte. Er ist ein Muselmanne.

In Salerno herrschte relative Offenheit, aber die Kombination aus drei Religionen in einem Team und die Vorstellung, eine Frau sei eine Ärztin, überfordert die Gesellschaft in Cambridge. Gyltha und Ulf werden vom Prior eingesetzt, um ein Auge auf die drei Fremden zu haben, plus ein sehr netter, aber extrem verfilzter und stinkender Hund namens Aufpasser, der seinem Namen keine Ehre macht und jedem Konflikt aus dem Weg geht.



Sprache & Stil

Die Autorin erzählt personal, meistens aus der Sicht von Adelia. Hin und wieder springt die Erzählung kurz in den Kopf einer anderen Person, das hat mich meistens eher verwirrt, aber einige Male fand ich es sogar interessant.

Das Buch liest sich flüßig, wobei ich den Stil anders empfand wie der Großteil der anderen Romane. Ich konnte nicht genau analysieren, woran es lag. Der Stil war mehr erzählend, als würde man am Lagerfeuer eine spannende Geschichte erzählt bekommen. Mir hat er gut gefallen.



Lesen oder nicht?


Ein spannender Roman in einem interessanten Umfeld. Highlight für mich war die Person der Adelia. Als Ärztin muss sie sich behaupten in einer Zeit, in der Frauen nicht viele Freiheiten hatten. Der Krimi ist aus meiner Sicht gut aufgebaut und wurde stringent gelöst, das Miträtseln hat mir Spaß gemacht. Ein wirklich guter Roman, den ich empfehlen kann.

Gesamtbewertung



Voller Stern
Voller Stern
Voller Stern
Leerer Stern
Leerer Stern
Gute Unterhaltung: Erwartung voll erfüllt
3 Sterne: Gute Unterhaltung: Erwartung voll erfüllt


3 Zitate


Aber als sie sich wieder die Maske um den Kopf band, die mageren Schultern straffte und zurück in das Leichenschauhaus marschierte, erkannte er die Tapferkeit eines müden Soldaten, der sich erneut in die Schlacht stürzt. [S. 97]

Glythia besaß [Intelligenz]; sie war die ideale Haushälterin für die Menage, die Prior Geoffrey vorschwebte - einerseits war sie extravagant genug, andererseits war sie den Bürgen von Cambridge bekannt, und sie vertrauten ihr einigermaßen, so dass sie eine Brücke zwischen den beiden Welten bilden konnte. Falls sie zustimmte... [Zufallszitat, S. 104]

"Das ist nicht meine Aufgabe. Ich bin nicht hier, um zu verstehen, warum ein Mörder tut, was er tut, ich muss lediglich beweisen, dass er es getan hat."
Sie starrten sie an.
"Ich entschuldige mich", sagte sie etwas leiser, "aber ich werde mich nicht in seinen Kopf versetzten." [S. 195]





5 Kommentare:

  1. "GuBt" bei mir schon eine gefühlte Ewigkeit rum... Jedes Mal, wenn es mir mal wieder unter die Augen kommt denke ich mir, das lese ich demnächst... Tja... dieses "Demnächst" dauert nun schon Jahre....

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    1. Hi,
      was heißt denn "GuBt"? Den SuB kenne ich nun mittlerweile :)
      Ich hab das Buch auch längere Zeit liegen gehabt, aber nun war für mich die Zeit etwas derartiges zu lesen. Ich hatte es auch wirklich schnell durch, es liest sich sehr flüssig.
      Liebe Grüße
      Daniela

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  2. Das Buch klingt sehr interessant! Die Verbindung historisch und Krimi gefällt mir und ich werde es auf meine Merkliste setzen. Was fehlte noch zum 4. oder sogar 5. Stern? Das konnte ich nicht so richtig aus deiner Rezi rauslesen.
    GlG vom monerl

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    1. Hi monerl,
      um einen vierten oder fünften Stern zu bekommen, hätte das Buch mich z.B. nachhaltig beeindrucken müssen, so über mehrere Tage, oder ein anderes herausragendes Element haben müssen. Und das hat es nicht. Es macht nix falsch, es ist aber auch kein "Klassiker der Weltliteratur".
      Ich kann dir das Buch gerne zuschicken, monerl, ich hab nur gerade keinen passenden Umschlag im Haus, hab eben geguckt :)
      LG - Daniela

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    2. Danke für die Erklärung und das Angebot. Ich werde bei Gelegenheit darauf zurückkommen! :-)
      GlG, monerl

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