Dieses linguistische Fachbuch erläutert, wie das lexikalische Gedächtnis für Wörter und das prozedurale Gedächtnis für grammatische Regeln zusammenarbeiten. Vor allem wird das am Beispiel der Vergangenheitsformen erklärt - die irregulären werden im Gedächtnis gespeichert, die regulären anhand von Regeln zusammengestellt; etwas vereinfacht gesag. Steven Pinker sammelt Indizien für seine Theorie und nimmt uns mit auf einen spannenden Weg.
Persönlicher Eindruck
Dieses Buch ist im Spektrum Akademischer Verlag erschienen und nimmt es mit der Herleitung wirklich ernst. Zunächst war es überraschend, dass es wirklich zu einem Großteil um reguläre und irreguläre Verben geht. Die Theorie, die der Autor vertritt, ist überzeugend und sie wird in den verschiedenen Kapiteln auf den Prüfstand gestellt, verfeinert und erweitert. Zum Beispiel werden verschiedene Untersuchungsmethoden und andere Theorien vorgestellt, wir werfen einen Blick auf den Spracherwerb von Kindern, von den Fehler, die bei verschiedenen Krankheitsbildern auftreten, von den Erkenntnissen, die Forscher aus neuen MRT-Verfahren bekommen können.
Der Autor ist englischsprachig und konzentriert sich auf die englischen Verben. Einige der Beispiele sind übersetzt, andere nicht. Wie im Vorwort erläutert, wäre es ein anderes Buch, wenn man jedes Beispiel ins Deutsche übertragen würde. Dennoch lässt es sich gut auch mit dem englischen Verbsystem verfolgen. Und umso erfreulicher, dass Pinker dann in einem Kapitel auf das Deutsche eingeht.
Denn auch hier gibt es eine Default-Regel für z.B. Pluralendungen: Hänge ein "s" an. Doch solche Pluralformen sind im Deutschen nicht die Mehrzahl, irreguläre Formen sind viel häufiger (Mann - Männer, Kind - Kinder, Block - Blöcke), das Plural-s wird eigentlich nur benutzt, wenn es keine anderen Formen gibt, z.B. bei Fremdwörtern oder Neuformungen: ein Pinker, viele Pinkers. Für die englischen Forscher war das zunächst überraschend, denn sie setzen die Default-Regel damit gleich, dass es die am häufigsten vorkommende grammatische Form ist, wie das im Englischen eben ist, wo die meisten Wörter ein Plural-s bekommen. Doch die Häufigkeit lässt nicht auf den Default-Fall schließen; der eigentlich ein Fallback ist, wenn es keine andere Regel gibt. Im Englischen wurde aufgrund der vielen Lehnwörter, z.B. aus dem Französischen, dieser Fallback-Fall zur vorherrschenden Regel.
Solche Fallback-Regeln gibt es in allen Sprachen. Beispiel Chinesisch: Hier wird der Plural dadurch markiert, dass es einen gewissen Klassifikator gibt, der vor das Wort gesetzt wird. So ähnlich wie: Ein Rudel Rehe, eine Gruppe Kinder, etc. Es gibt 19 verschiedene Klassifikatoren, die je nachdem auf lebende Objekte angewendet werden, oder auf lange biegsame, oder große starre, und so weiter - und es gibt einen Fallback-Klassifikator, der angewendet wird, wenn kein anderer paßt.
Umfangreiche Anmerkungen runden das Buch ab.
Die Bestandteil der Sprache sind Wörter und Regeln - Wörter im Sinne eingeprägter Verknüpfungen zwischen Lautung und Bedeutung, Regeln im Sinne von Operationen, welche Wörter zu Kombinationen ordnen, deren Bedeutung sich aus den Bedeutungen der Wörter und der Art ihrer Anordnung berechnen lässt.
Für mich war das Buch wirklich faszinierend zu lesen! Die verschiedenen Methoden waren spannend und ich hab neues erfahren.
Steven Pinker schreibt sachlich fundiert, aber nicht trocken, mit vielen Beispielen und Anekdoten und wunderbaren Ausflügen in das echte Leben. Schon zu erfahren, dass der gewöhnliche Mann oft mehr Sprachverständnis hat als die Experten, ist großartig!
Lesen oder nicht?
Die Geheimnisse der Sprache Schritt für Schritt aufgedeckt; faszinierend und gut erklärt. Eine spannende Reise in unsere Sprache. Empfehlenswert für alle, die sich für Sprache interessieren. Ich muss die Höchstpunktzahl vergeben.⭐⭐⭐⭐⭐Bibliographische Daten
Titel: Wörter und RegelnAutor: Steven Pinker
Sprache: Deutsch
Genre: Sachbuch
Gebundene Ausgabe, 478 Seiten
Spektrum Verlag, September 2000
ISBN-13: 978-3827402974
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Hallo Daniela,
AntwortenLöschenich sitze hier gerade mit offenem Mund.
Was für ein geniales Buch!!! Das muss ich unbedingt lesen. Ich finde es ja unglaubich spannend, wie das Gehirn funktioniert. Und in bezug auf Wörter und Gedächtnis hat es natürlich besonders seinen Reiz.
Liebe Grüße
Petrissa
Ich wünsche viel Spaß, Petrissa! :)
LöschenLiebe Daniela,
AntwortenLöschenjetzt erst habe ich die Rezi zum Buch entdeckt! Auch für mich klingt es total interessant! Insbesondere die Vergleich zu anderen Sprachen. Ich kann mir noch nicht ganz genau vorstellen, wie es inhaltlich ist, aber ich kann evtl. man bei Petrissa reinlesen. :-)
GlG, monerl
Auf jeden Fall! :)
LöschenIch werd auch bestimmt noch was von Steven Pinkert lesen