Novelle: Der Tod in Venedig |
Novelle, 105 Seiten
Kindle-Edition,
Fischer Verlag, Erstausgabe 1911
ISBN: 978-3936137897
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Woher: Nach "Tonio Kröger" und "Mario und der Zauberer" meine dritte Novelle von Thomas Mann
Erster Satz
Gustav Aschenbach oder von Aschenbach, wie seit seinem fünfzigsten Geburtstag amtlich sein Name lautete, hatte an einem Frühlingsnachmittag des Jahres 19.., das unserem Kontinent monatelang eine so gefahrdrohende Miene zeigte, von seiner Wohnung in der Prinz-Regentenstraße zu München aus, allein einen weiteren Spaziergang unternommen.Zusammenfassung
Der alternde Autor Gustav von Aschenbach verspürt plötzlich eine Reiselust. Nach einem Irrweg landet er schließlich in Venedig, das er schon als junger Mann besucht hat. Er wohnt dort in einem Hotel. Auch eine polnische Familie wohnt dort - Mutter, Gouvernante, drei Schwestern und ein hübscher, etwa 14-jähriger Junge namens Tadzio. Aschenbach ist sofort von diesem Jungen fasziniert. Zunächst sieht er ihm nur gern zu, schließlich stellt er ihm nach, verwandelt sich nach und nach in einen Geck und reist auch dann nicht ab, als die Cholera in Venedig ausbricht.
Persönlicher Eindruck
"Der Tod in Venedig" war meine dritte Novelle von Thomas Mann in diesem Jahr und ich wollte, dass sie mir gefällt. Ob sie mir gefallen hat, kann ich aber gar nicht richtig sagen. Interessant fand ich die Novelle auf jeden Fall - hier wird man mit Sekundärliteratur sicherlich noch mehr profitieren können, da es viele Anspielungen in Richtung Mythologie gibt.
Für mich gibt es hier zwei Hauptmotive: Das Altern, das im Gegensatz zum jungen Tadzio nur umso deutlicher auftritt. Und das, was Thomas Mann selber "Tragödie einer Entwürdigung" genannt hat, dass Aschenbach in seiner seltsamen Liebe zu dem Knaben sich immer mehr entwürdigt.
Hauptmotiv I: Die Novelle ist geprägt von einer gewissen Morbidität, von dem Anfangskapitel an, als Aschenbach einen häßlichen Mann vor einer Art Friedhof sieht. Aschenbach wird daraufhin von einer Art Reiselust befallen. Sein erstes Ziel verlässt er wieder, um nach Venedig zu reisen. Dort wird immer wieder der Fäulnisgeruch des Scirocco beschrieben und schließlich bricht auch irgendeine Seuche aus. Auch der Protagonist wird immer mit den Worten "der Alternde" beschrieben. Und auch "Aschenbach" klingt irgendwie düster. Sogar der so schöne Tadzio hat bei näherem Hinsehen ungesunde, fast durchsichtige Zähne und Aschenbach denkt, dass er kränklich ist und nicht alt werden wird.
Hauptmotiv II: Auf der Überfahrt nach Venedig sieht Aschenbach einen Geck, einen Alten, der krampfhaft auf jugendlich macht - aber gegen Ende wird auch Aschenbach so. Dass er Tadzio gern anschaut und das vor sich selber rechtfertigt damit, dass er gerne schöne Dinge ansieht. Hier rezitiert er selber mythologische Sagen, in denen Tadzio ein schöner Jüngling ist. Dann beginnt Aschenbach damit, der Familie nachzuschleichen, nur, um Tadzio zu sehen. Er will den Jungen beiläufig ansprechen, und traut sich dann nicht, wie ein verliebtes Mädchen. Schon hier hat er jegliche Selbstachtung verloren. Es wird noch schlimmer, als Aschenbach Venedig nicht verlässt, obwohl eine Seuche ausgebrochen ist und auch die Familie des Jungen nicht warnt. Es scheint, als könne Aschenbach gar nicht mehr anders. Er färbt sich die Haare und schminkt die Alterszeichen weg und wird ganz so wie der auf jugendliche gemachte Greis, den er auf der Überfahrt so verachtet hat.
Vieles ist hier allegorisch zu sehen und es gibt noch mehr Bezüge zu klassischen Mythen, eine Sekundärliteratur wird hier, wie gesagt, noch mehr aufdecken, aber das war das, was mir so aufgefallen ist.
Ebenso gibt es wohl eine gewisse Parallele zum Autor selbst: Protagonist und Autor sind Schriftsteller und es gab wohl in Venedig eine ähnliche Begegnung mit einem Jüngling. Thomas Manns Ehefrau begriff, so meine Recherche, nach der Lektüre die homosexuellen Neigungen ihres Mannes, was sehr begreiflich eine Ehekrise auslöste, aus der das Paar aber gestärkt hervorging.
Ich glaube auch, bin mir aber nicht sicher, dass die vorgestellten Werke des Protagonisten Ähnlichkeiten mit Manns Werken haben.
Einige Gedanken in der Novelle zum Schriftstellerleben an sich haben mir auch sehr gefallen und ich hab mir vieles markiert.
Generell muss man sagen, dass der Stil nicht einfach ist. Es sind viele philosophische Gedanken darin, die nicht leicht nachzuvollziehen sind. Beobachtungen von Tadzio werden mit mythologisch überhöhten Sätzen beschrieben, mit Metaphern, die nicht so ganz einfach sind. Deshalb liest sich das Werk auch nicht so leicht und flüssig.
Dazu kommen noch die vielen Schichten der Novelle. Also - ein Meisterwerk sicherlich, aber kein einfaches.
Für mich gibt es hier zwei Hauptmotive: Das Altern, das im Gegensatz zum jungen Tadzio nur umso deutlicher auftritt. Und das, was Thomas Mann selber "Tragödie einer Entwürdigung" genannt hat, dass Aschenbach in seiner seltsamen Liebe zu dem Knaben sich immer mehr entwürdigt.
Hauptmotiv I: Die Novelle ist geprägt von einer gewissen Morbidität, von dem Anfangskapitel an, als Aschenbach einen häßlichen Mann vor einer Art Friedhof sieht. Aschenbach wird daraufhin von einer Art Reiselust befallen. Sein erstes Ziel verlässt er wieder, um nach Venedig zu reisen. Dort wird immer wieder der Fäulnisgeruch des Scirocco beschrieben und schließlich bricht auch irgendeine Seuche aus. Auch der Protagonist wird immer mit den Worten "der Alternde" beschrieben. Und auch "Aschenbach" klingt irgendwie düster. Sogar der so schöne Tadzio hat bei näherem Hinsehen ungesunde, fast durchsichtige Zähne und Aschenbach denkt, dass er kränklich ist und nicht alt werden wird.
Hauptmotiv II: Auf der Überfahrt nach Venedig sieht Aschenbach einen Geck, einen Alten, der krampfhaft auf jugendlich macht - aber gegen Ende wird auch Aschenbach so. Dass er Tadzio gern anschaut und das vor sich selber rechtfertigt damit, dass er gerne schöne Dinge ansieht. Hier rezitiert er selber mythologische Sagen, in denen Tadzio ein schöner Jüngling ist. Dann beginnt Aschenbach damit, der Familie nachzuschleichen, nur, um Tadzio zu sehen. Er will den Jungen beiläufig ansprechen, und traut sich dann nicht, wie ein verliebtes Mädchen. Schon hier hat er jegliche Selbstachtung verloren. Es wird noch schlimmer, als Aschenbach Venedig nicht verlässt, obwohl eine Seuche ausgebrochen ist und auch die Familie des Jungen nicht warnt. Es scheint, als könne Aschenbach gar nicht mehr anders. Er färbt sich die Haare und schminkt die Alterszeichen weg und wird ganz so wie der auf jugendliche gemachte Greis, den er auf der Überfahrt so verachtet hat.
Vieles ist hier allegorisch zu sehen und es gibt noch mehr Bezüge zu klassischen Mythen, eine Sekundärliteratur wird hier, wie gesagt, noch mehr aufdecken, aber das war das, was mir so aufgefallen ist.
Ebenso gibt es wohl eine gewisse Parallele zum Autor selbst: Protagonist und Autor sind Schriftsteller und es gab wohl in Venedig eine ähnliche Begegnung mit einem Jüngling. Thomas Manns Ehefrau begriff, so meine Recherche, nach der Lektüre die homosexuellen Neigungen ihres Mannes, was sehr begreiflich eine Ehekrise auslöste, aus der das Paar aber gestärkt hervorging.
Ich glaube auch, bin mir aber nicht sicher, dass die vorgestellten Werke des Protagonisten Ähnlichkeiten mit Manns Werken haben.
Einige Gedanken in der Novelle zum Schriftstellerleben an sich haben mir auch sehr gefallen und ich hab mir vieles markiert.
Generell muss man sagen, dass der Stil nicht einfach ist. Es sind viele philosophische Gedanken darin, die nicht leicht nachzuvollziehen sind. Beobachtungen von Tadzio werden mit mythologisch überhöhten Sätzen beschrieben, mit Metaphern, die nicht so ganz einfach sind. Deshalb liest sich das Werk auch nicht so leicht und flüssig.
Dazu kommen noch die vielen Schichten der Novelle. Also - ein Meisterwerk sicherlich, aber kein einfaches.
Lesen oder nicht?
Eine Novelle über das Altern und die Entwürdigung eines bis dahin streng leistungsorientiert lebenden Schriftstellers. Nicht einfach zu lesen, aber ein höchst aufschlußreiches Psychogramm mit morbiden Untertönen.
Gesamtbewertung: ⭐⭐⭐⭐
3 Zitate
Die Beobachtungen und Begegnisse des Einsam-Stummen sind zugleich verschwommener und eindringlicher als die des Geselligen, seine Gedanken schwerer, wunderlicher und nie ohne einen Anflug von Traurigkeit. Bilder und Wahrnehmungen, die mit einem Blick, einem Lachen, einem Urteilsaustausch leichthin abzutun wären, beschäftigen ihn über Gebühr, vertiefen sich im Schweigen, werden bedeutsam, Erlebnis, Abenteuer, Gefühl. [S. 32]
Glück des Schriftstellers ist der Gedanke, der ganz Gefühl, ist das Gefühl, das ganz Gedanke zu werden vermag. [S. 58]
Wie irgend ein Liebender wünschte er, zu gefallen und empfand bittere Angst, daß es nicht möglich sein möchte. Er fügte seinem Anzüge jugendlich aufheiternde Einzelheiten hinzu, er legte Edelsteine an und benutzte Parfüms, er brauchte mehrmals am Tage viel Zeit für seine Toilette und kam geschmückt, erregt und gespannt zu Tische. [S. 87]
Weitere Meinungen
- Buchhexe findet es meisterhaft, wie Mann das sich jeden Tag steigernde entwürdigende Verhalten der Hauptfigur darstellt
Liebe Daniela,
AntwortenLöschendiese Novelle kenne ich nur vom Hörensage. Ich habe sie nicht gelesen und nach deiner Rezi, obwohl du 4 Sterne vergeben hast, bin ich mir sicher, dass sie nichts für mich ist. Auf meinem SuB tummeln sich viele Bücher, die mich eher reizen. Hihi
Was Klassiker angeht, hast du wohl die Nase vorn dieses Jahr! Daumen hoch! :-)
GlG vom monerl
Ja, interessant, wieviele "alte" Bücher ich lese, war mir auch nicht so klar.
LöschenLiebe Daniela,
AntwortenLöschenich werde ja mit Thomas Mann nicht so warm. Bei den ersten paar Sätzen dachte ich noch: Vielleicht sollte ich es nochmal probieren, aber ads mit Tatzio hat mich dann doch abgeschreckt.
Immerhin fiel mir dadurch wieder ein, dass ich diesen Monat noch gar keinen Klassiker gehört habe. Da werd ich mich in der Onliehe gleich mal umschauen.
Herzlich
Petrissa
Hi Petrissa,
Löschenich hoffe, du hast was gefunden?
Thomas Mann liegt mir immerhin mehr wie sein Bruder Heinrich. Aber vom Stil am besten gefallen hat mir bis jetzt Hermann Hesse. :)